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Ich
geh’ so gern an Dir vorbei. Du bist nie ein Haus wie andere gewesen, keine
Schule wie andere, warst keine Frau wie andere ...
Das
Gebäude ist alt, seit ich es kenne, ist es alt und funktioniert irgendwie
doch besser als neue. Dicke Mauern, breite Treppen vermitteln gleichzeitig
Geborgenheit und Großzügigkeit, die vielen Schüler haben
Dich nicht kleingekriegt.
Du
kleinformatige Große im Portal lässt Dir geduldig jedes Jahr
Sprüche um den Hals hängen, schaust gar nicht hin, Dein Blick
bleibt dezent.
So
schaust Du auch mich nicht an, wenn ich vorbeischlendere. Früher bin
ich gekommen und gegangen, habe gearbeitet, Spaß und Ärger gehabt.
Das ist vorbei, ich bin nun auch alt. Der Staat meint, ich brauche nicht
mehr zu arbeiten, Recht hat er!
Er
gibt mir das Geld wieder, das ich bei ihm gespart habe, davon lebe ich.
Meine Freunde sind da nicht alle so konsequent. Sie forschen mein Gesicht
aus, meine Haltung, meinen Gesundheitszustand und meinen, so ganz zufrieden
könne ich wohl doch nicht sein, so ohne Arbeit, ohne die „Sophie“,
ohne Pflichten außerhalb der Familie. Anfangs hat mich das überrascht,
denn dieser Abschied war ja berechenbar. – Meinen Stundenplan schreibe
ich nun selbst, darf faul oder fleißig sein und Dinge tun, die mir
Spaß machen. Leider habe ich das in meiner eigenen
sein
und Dinge tun, die mir Spaß machen. Leider habe ich das in meiner
eigenen Schulzeit nie getan, gebummelt, geschwänzt, nicht aufgepasst.
„Es waren andere Zeiten“, sagt man leicht, wenn Gelegenheiten nicht genutzt
wurden. Ich war damals nicht leichtsinnig, bin ich’s vielleicht heute,
im Alter, mit meiner Zeit?
Meine
Sache!
Am
liebsten komme ich zu Dir, wenn die dicken Wände zu wackeln scheinen,
weil gefeiert wird. Ich meine nicht die sittsamen und mit Recht anrührenden
Entlassungsfeiern zum Abitur, sondern die Projektwochen mit all ihrem Sinn
und Unsinn, wenn die viel zu kleine Aula mal wieder überbesetzt ist
zur Opernaufführung, wenn die Schüler – wie immer – unruhig sind,
ihren Geräuschpegel nicht wahrnehmen oder Spaß daran haben ...
Warum? ... weil ich dann wieder nach Hause gehe und weiß, dass ich
dort nie mehr eingreifen muss, für Ordnung verantwortlich gemacht
werden kann und, und, und ...
So
hat alles seine Zeit.
So
alt wie Du, liebe „Sophie“, kann ich nicht werden – klar; Dich sollte es
immer geben, weil Du nicht bist wie andere. Dich kleinformatige Große
sollte man liebevoll pflegen!
Irmgard
Engelke
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