|
„Der
Götterbote“ versorgt die Schule seit 15 Jahren mit Neuigkeiten
„Nicht
für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir!“ – Wie oft bekommen
das Schüler von ihren Pädagogen zu hören, nur leider sieht
der Lerneifer in der Realität meist anders aus. Aber dass man ein
solches Leitbild doch verwirklichen kann, und zwar ohne die Mithilfe von
Studienräten, das zeigt ein wilder Haufen von Sophienschülern.
Dieser kleine wilde Haufen nennt sich Redaktion, genauer gesagt Schüler-zeitungsredaktion.
„Der Götterbote“ haben sie stolz ihr Magazin betitelt, das viertel-jährlich
das Licht der Welt erblickt.
Der
Stolz der Teenager-Redakteure kommt nicht von irgendwo: Vor 15 Jahren,
1985, haben ihre Vorgänger die Zeitung gegründet, und heute,
im Jahr 2000, gibt es sie immer noch. In der hannoverschen Schülerzeitungslandschaft
ist das einmalig. Denn Konkurrenz gab es wirklich genug: wenn nicht von
„externen“ kommerziellen Schülerzeitschriften, dann von innen, aus
den eigenen Reihen. Ein Gegenprojekt einiger Sophienschüler zum „Göbo“,
wie die Zeitung kurz genannt wird, verschwand jedoch genauso schnell wieder,
wie es gekommen war. Niemand hat bisher so lange durchgehalten wie die
kleinen Zeitungsmacher von der Sophie.
Gibt
es ein Erfolgsrezept? Naja, eigentlich nicht. Denn man ist recht ziellos
gestartet. Eine Gruppe von engagierten Schülern vermisste seit dem
Untergang des „Kaktus“ eine Schülerzeitung an der Sophie. Man machte
einen Aushang am Schwarzen Brett, und irgendwann traf man sich in kleiner
Runde. Bevor man sich überlegte, was man schreiben könnte, musste
ein Name her, der etwas mit der Sophie zu tun hatte. Man beschloss schließlich,
in göttlichem Auftrag zu handeln. Und wie sollte die Zeitung aussehen?
Da gab es nicht viel zu diskutieren: Computer, mit denen man ein ansprechendes
Layout machen konnte, gab es nicht. Auch in großem Stil bei einer
Druckerei zu drucken, war zu teuer. So bewaffnete man sich mit Handschreibmaschine,
Prittstift, Edding und bastelte eine Zeitung. Mühsam wurden Platten-Tipps,
ein paar Artikel über Politik und die Sophie zusammenge-klebt, anschließend
kostengünstig kopiert und geheftet. Fertig war der Selfmade-Erstling.
Ein
Erstling, der allerdings wegweisend war. Viele der damals erfundenen Rubriken
finden sich noch heute im Göbo: die Lehrersprüche, die Grüße,
Lehrerinterviews und natürlich das Kreuzworträtsel. Zum Leidwesen
einiger fleißiger Jungjour- nalisten sind diese Teile damals wie
heute die meistgelesenen im Göbo ...
Obwohl
er auch sonst viel zu bieten hat. Idealerweise ist die Mischung sehr bunt,
alles, was Schüler interessieren könnte, soll Eingang in die
Zeitung finden: Musik, Sport, Kult und Kultur, Politik und vor allem Artikel
über das Schulleben an der Sophie. Wenn die Mischung mal nicht stimmt,
merkt das die Redaktion schnell. Nicht nur durch das mehr oder weniger
laute Motzen der Mitschüler, sondern es gibt ein einfaches Messbarometer:
Ist der Göbo nicht nah genug an den Lesern dran, kommt kein Nachwuchs,
der Göbo droht in Vergessenheit zu geraten. Das ist auch gleichzeitig
das Hauptproblem, nicht nur dieser Schülerzeitung: chronischer Mitarbeitermangel
– meist wird die Arbeit von einigen wenigen fleißigen Händen
erledigt, denen der Göbo aber umso mehr am Herzen liegt.
Aber
nicht nur inhaltlich, auch optisch musste der Göbo sich immer wieder
der Zeit anpassen. Das Layout wurde stets weiterentwickelt. 1993 kam mit
der Umstellung auf Computerlayout der große Schritt in die Professionalität:
Plötzlich wirkte der Göbo viel erwachsener und war auch bei Anzeigenkunden
nicht mehr auf den ersten Blick als Schülerzeitung erkennbar (bisherige
besondere Merkmale: Kleberänder und Edding). Fotos sahen auf einmal
gut aus oder konnten erstmals richtig ein-gesetzt werden, was auch der
Kooperation mit der Druckerei zu verdanken ist, denn der Göbo wurde
jetzt auch, wie große Vorbilder, in einer richtigen Druckerei
gedruckt.
Der
kleine Göbo wurde also größer: Die Auflage wuchs auf 1200
Stück, seit einigen Jahren wird der Göbo nicht nur an der Sophie,
sondern auch an anderen Schulen, z. B. dem KWR, der Bismarck-, der Tellkampf-
oder der Lutherschule, gelesen und geschätzt. Einen großen Vorteil
gegenüber Mitbewerbern hat der Göbo immer: Er erscheint kostenlos,
alle Kosten werden durch Anzeigen finanziert. Und wenn man nicht genug
Anzeigenkunden fand, was besonders in den ersten Jahren schwierig war,
mussten die Schüler schon ein- oder zweimal 50 Pfennig auf den Tisch
legen. Das war aber Gott sei Dank die Ausnahme, denn auf schlechte Zeiten
folgten immer wieder guten Zeiten ...
Die
großen Erfolge der letzten Jahre waren die Siege beim Niedersächsischen
Jugend-Pressepreis. 1994 belegte die Zeitung den ersten, 1997 (unter viel
größerer Konkurrenz) den zweiten Platz. Nicht nur finanziell,
denn ein Preisgeld gab es immer, sondern auch für die Redakteure waren
diese Momente eine tolle Sache. Der Göbo wurde ein bisschen bekannt,
und das sogar im ganzen Land. Der Dank geht an die Kollegen von FFN, NDR,
Hannoverscher Allgemeine, Neuer Presse und der Bild-Zeitung.
Aber
das alles soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es neben Spaß
und Erfolgen noch eine andere Seite des Schülerzeitungsmachens gibt.
Nicht nur die angesprochenen Probleme, wie der andauernde Mangel an Mitarbeitern
und Finanznöte, sorgen für Aufregung, sondern vor allem ist es
viel Arbeit, regelmäßig und vor allen Dingen pünktlich
eine Zeitung in die Hände der Schüler geben zu können. Manche
Nacht und viele Wochenenden gehen schon dafür drauf, aber wenn man
das gedruckte Ergebnis in Händen hält, ist das alles wieder vergessen.
Dann sind die Redakteure stolz, denn ohne Stolz auf das Erreichte wäre
die Arbeit nicht zu machen. Jedoch soll man auch kritisch sein: „Was können
wir nächstes Mal besser machen?“ muss die Kernfrage auf den Redaktionssitzungen
heißen.
Denn
im Göbo steckt noch viel an Entwicklung drin: Vor einiger Zeit war
es wieder zu merken, als man den Gang ins Internet „wagte“. Die Informationen
über die Sophie sind nicht nur in althergebrachter (Papier-) Form
zu lesen, sondern auch online abrufbar. Insbesondere von ehemaligen Schülern
wird diese Möglichkeit genutzt, die sich in entlegenen Ecken Deutschlands
und der ganzen Welt herumtreiben. Wenn es was Neues gibt, werden sie per
E-Mail vom Göbo-Newsletter auf dem laufenden gehalten.
Aber
nicht nur den Lesern bringt der Göbo viel, sondern auch den Redakteuren.
Sie lernen wirklich etwas fürs Leben, wenn sie die Zeitung machen.
Und diese Dinge kann ihnen keine noch so spannende Schulstunde beibringen:
Sie organisieren, recherchieren, schlagen sich durch, arbeiten im Team.
Sie wollen etwas erreichen, ohne dabei auf die Hilfe von Lehrern angewiesen
zu sein. Wenn es mal wieder
geschafft
ist, dass die Ausgabe verteilt werden kann, ist es ein tolles Erlebnis.
Hoffen wir, dass die Redakteure und die Leser noch viele Jahre Freude an
ihrem Götterboten haben werden.
Bernd
Hellermann, Chefredakteur 1995-1998
. |
|