LEISTUNGSKURSWAHLEN 
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Leistungskurswahlen 1979 - 1989 -1999
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Nachdem ich über 20 Jahre die Reformierte Oberstufe an der Sophienschule verfolgt und fast 20 Jahre als Koordinator mit betreut habe, erschien mir eine Zwischenbilanz über das Schülerwahlverhalten in dieser Periode durchaus angebracht. Bei der Fülle der auszuwertenden Daten wurde mir dann sehr schnell klar, dass ich hier nur wenige Aspekte herausgreifen kann, um den Leser nicht zu überfordern. Da sowohl Schüler und Eltern als auch Kollegen vor allem den Leistungskursen eine große Bedeutung beimessen, beschränke ich mich daher in der Auswertung auf die Leistungskurswahlen der Jahre 1979, 1989 und 1999. Die Rohdaten sind in Tab. 1 zu finden. Der Abstand von jeweils 10 Jahren erschien mir Änderungen am deutlichsten herauszuheben.

Schüler lassen sich bei der Wahl ihrer Leistungsfächer von den unterschiedlichsten Kriterien beeinflussen: Neigung, Leistungsfähigkeit, Vornoten, Pflichtauflagen, Lehrern, Mitschülern, Eltern u.a.; trotzdem scheinen im Laufe der Jahre auch Strömungen zu entstehen, die viele Schüler gleichzeitig erfassen.
 

Tab. 1 Ergebis der LK-Wahlen
                                                                                       Die Zahlen hinter den Fächern geben an, 
                                                                                       wieviel % der Schüler dieses Fach gewählt 
                                                                                       haben.

So wird heute vielfach hervorgehoben, dass ein allgemeiner Trend bestehe, die Natur-wissenschaften zu meiden. Nun hat die Sophienschule als ehemaliges Mädchengymnasium nicht unbedingt eine ausgesprochen naturwissenschaftliche Tradition, trotzdem – oder gerade deswegen – wird dieser Trend bestätigt, denn obwohl seit Anfang der Achtziger auch Jungen zur Sophienschule gehen, finden wir im C-Bereich (Mathematik und Naturwissenschaften) eine Abnahme von 43% auf 28% (s. Abb.1), wobei die Mathematik mit 29% auf 26% zu dieser Änderung nur unwesentlich beiträgt. Hier schlägt vor allem der „Niedergang“ der Biologie zu Buche. Hat in der Einführungsphase der Reformierten Oberstufe noch fast jeder zweite Schüler Biologie als Leistungsfach gewählt, wagt das heute nur noch etwa jeder siebte. Leistungskurse in Physik und Chemie könnten ohne die Kooperation mit dem KWR gar nicht mehr angeboten werden. Hier liegen die Werte fast immer unter 10%.
Abb.1 zeigt aber auch, dass nicht der A-Bereich (Sprachen, Musik und Kunst) von diesem Trend profitiert, sondern es ist der B-Bereich (gesellschaftswissenschaft-licher Bereich, insbesondere Geschichte und Erdkunde) mit einer Steigerung von 14 auf 22%.

Neben der schon erwähnten Änderung in Biologie fallen noch zwei andere Fächer auf (s. Abb.2): So ist Latein nun zurzeit im Leistungsfächerkanon überhaupt nicht mehr präsent, und das, obwohl wir ein differenziertes Altsprachenprofil mit 1., 2. Pflichtfremdsprache und Wahlsprache anbieten. Allerdings kann ich mich gut erinnern, dass auch in den stärkeren Jahrgängen früherer Jahre (mit 2 L-Klassen und einer EL-Klasse) das Schicksal des Latein-Leistungskurses mangels Masse oft am seidenen Faden hing. Dem werden wir in Zukunft durch jahrgangsübergreifende Kurse begegnen. Deutsch als Leistungsfach hat dagegen eine steile Karriere von 17% auf 35% gemacht. In den ersten Jahren wurde das aber sicher vor allem dadurch verhindert, dass man Deutsch nicht als 1. Leistungsfach wählen konnte. Durch die Auflagen waren dann Kombinationen wie De/Mu, De/Ku, De/Ge, De/Po, De/Ek ausgeschlossen. Auch das ist vielleicht ein Grund für die Zunahme in den gesellschaftswissenschaftlichen Leistungskursen.

Überhaupt muss man bei einer differenzierteren Analyse alle Änderungen der Pflichtauflagen, die im Laufe der Zeit erfolgten, mit einbeziehen, denn Grundkurs- und Leistungskurs-Profile sind eng verzahnt. Allerdings würde das hier den Rahmen sprengen. Wie wird es also weitergehen? 

Eine Einigung in Blick auf ein klares Profil mit festem Leistungsfachangebot konnte bislang an unserer Schule nicht erzielt werden. Wir haben uns in den vergangenen Jahren dagegen stets bemüht, Vielfältigkeit im Kursangebot zu bewahren und den speziellen Wünschen der jeweiligen Jahrgänge gerecht zu werden. Allerdings wird es bei kleineren Jahrgängen und schlechterer Lehrerversorgung immer schwieriger, den Wunsch nach Diversifikation und die Pflicht zur sparsamen Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu vereinen. Im Moment heißt die Lösung: a) Kooperation mit dem KWR in den Naturwissenschaften, um alle drei Fächer anbieten zu können, b) jahrgangsübergreifende Kurse in Fächern, die sonst zu kippen drohen – also Französisch (bedingt durch den Wegfall einer kompletten F-Klasse), Musik und auch Latein.

Inwieweit das Kurssystem der Reformierten Oberstufe zukünftig überhaupt noch fortgeführt wird, muss man abwarten. So planen die Kultusminister u.a. die Angleichung aller Prüfungsfächer als Langfächer, die Zahl der Prüfungsfächer ist dabei noch strittig. Der Kanon der Abiturfächer wird sicher eingeschränkt.

Wie auch immer die nächste Reform aussehen wird, in einem bin ich mir sicher: Die endgültigen Ausführungsbestimmungen werden dafür sorgen, dass meine Tätig-keit als Oberstufenkoordinator auch in Zukunft eine „erfüllte“ sein wird.

Hans-Joachim Hoppe



 

 

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